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Die Taliban vertreiben die Frauen aus den öffentlichen Räumen, jetzt auch die Mitarbeiterinnen von humanitären Organisationen. Die geschlechtsspezifische Diskriminierung gefährdet dadurch das Überleben von Millionen von Menschen. 

Florian Fink

Vier für Afghanistan bedeutende humanitäre Organisationen kündigten die vorübergehende Aussetzung ihrer Massnahmen in Afghanistan an, weil sie ohne weibliches Personal nicht mehr durchführbar sind. Save the Children, World Vision International, CARE International und der Norwegische Flüchtlingsrat sind auf weibliche Arbeitskräfte angewiesen, da sie fast die Hälfte der Beschäftigten ausmachen. Es sei nun unmöglich, die Bedürftigen zu erreichen, erklärten die Hilfswerke auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. Zusammen mit den Vereinten Nationen (UN) forderten sie die sofortige Aufhebung des Verbots der Frauenarbeit. 

Nach Angaben der UN wird die lebensrettende Hilfe um 50 Prozent gekürzt, wenn das Frauenarbeitsverbot der Taliban Bestand hat. Wenn die Massnahmen der Hilfswerke ganz eingestellt werden, erhalten 23,7 Millionen Menschen keine Unterstützung mehr. In einem Land, in dem 97 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben und 70 Prozent arbeitslos sind, führt ein Mangel an humanitärer Hilfe schnell zu einer Katastrophe. Die vier oben erwähnten Hilfswerke sind seit Jahrzehnten in Afghanistan tätig und haben Millionen von Menschen mit Langzeit- und Soforthilfemassnahmen unterstützt. Auch die UN haben aufgrund der Entscheidung der Taliban einige Programme aussetzen müssen. Martin Griffiths, UN-Nothilfekoordinator in Afghanistan, fordert die Taliban-Regierung auf, die Entscheidung zu überprüfen.  

Seitdem die Taliban an der Macht sind, werden Frauen aus dem öffentlichen Leben verdrängt und ihre Menschenrechte systematisch verletzt. In anderthalb Jahren wurden Mädchen aus Oberschulen, öffentlichen Gärten und Turnhallen verbannt. Drei Millionen Schülerinnen sind von weiterführenden Schulen ausgeschlossen. Ab dem Alter von zwölf Jahren wurde die Ausbildung von Frauen vorübergehend ausgesetzt. Jedes vierte Mädchen zeigt Anzeichen einer Depression. Es besteht auch ein enger Zusammenhang mit der Frühverheiratung: Etwa 17 Prozent der Mädchen heiraten vor dem Alter von 15 Jahren. 

Afghanistan ist heute fast vollständig von ausländischer Hilfe abhängig. 75 Prozent der öffentlichen Ausgaben werden durch internationale Unterstützung gewährleistet. Und Millionen von Menschen haben dank der humanitären Hilfe bisher überlebt: Sie auszusetzen hiesse, Menschen zum Tod zu verurteilen.  

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