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Der Krieg in der Ukraine hat andere Brennpunkte der Not aus den Schlagzeilen gebracht. Das Klima, die kriegerischen Konflikte und COVID-19 sind die Ursachen, dass in Kenia, Somalia und Äthiopien die Zahl der Menschen in Not dramatisch angestiegen ist. 13 Millionen Notleidende hoffen im Schatten des Ukraine-Krieges auf Hilfe. 

von Axel Amweg 

«Wir sind es von klein auf gewohnt, mit Hunger zu leben. Aber wenn man nichts hat, um sein Kind zu ernähren, ist das etwas anderes.» Jede Woche trotzt Ima, die vor Kurzem 20 Jahre alt wurde, der Hitze der Trockenzeit und läuft zwei Stunden, um das Gesundheitszentrum für Mütter und Kinder im kenianischen Burat zu erreichen, wo ihr schwer unterernährtes Kind von Ärzten behandelt wird.  

Die Länder am Horn von Afrika erleben nach drei aufeinanderfolgenden schlechten Regenzeiten eine der schlimmsten Dürren seit Jahrzehnten. In Kenia, Somalia und Äthiopien sind schätzungsweise 13 Millionen Menschen stark von Ernährungsunsicherheit betroffen. Es sind inzwischen 5,5 Millionen Kinder, die an akuter Unterernährung leiden. Die Dürre hat die Ernten dezimiert mit Verlusten von bis zu 70 Prozent. Das wiederum führte zum Tod von Millionen von Nutztieren, die eine der Haupteinnahmequellen der Familien sind. 

Die Pandemie COVID-19 hat diese Notlage noch verschärft. Am Horn von Afrika führt die tödliche Mischung aus Klimaerwärmung, kriegerischen Konflikten und COVID-19 zu einer Hungersnot, die noch zunehmen wird. Die Dürre ist nur die jüngste Notsituation, von der die Bevölkerung betroffen ist, die immer noch mit den Folgen der Überschwemmungen von 2019, der biblischen Heuschreckeninvasion im gleichen Jahr und der nicht enden wollenden Pandemie zu kämpfen hat. Die COVID-19-Impfkampagne hat die Einkommensquellen der Bevölkerung drastisch reduziert. Allein in Kenia sind schätzungsweise zwei Millionen Menschen durch die Pandemie unter die Armutsgrenze gerutscht. In der Zwischenzeit hat die Impfkampagne, wie auch in ganz Afrika, mit Problemen zu kämpfen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind per Mitte Mai in Afrika 17 Prozent der Bevölkerung zwei Mal gegen Corona geimpft, 5,4 Prozent einmal. Der Weltindex zeigt derweil eine Impfrate von 60 Prozent (zwei Mal geimpft) und 5,9 Prozent (einmal geimpft). 

Beim Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union in Brüssel wurde erneut die Notwendigkeit bekräftigt, die Impfstoff-Patente für Afrika freizugeben. Es sei dringend erforderlich, einen multidimensionalen Ansatz mit 360-Grad-Interventionen zu verfolgen, um die endemischen Probleme anzugehen. Die Liberalisierung von Corona-Impfstoff ist notwendig, reicht aber allein nicht aus: Alle Faktoren, die sich negativ auf diese Länder auswirken, müssen koordiniert angegangen werden. Die Widerstandsfähigkeit und die Ernährungssicherheit müssen ermöglicht werden, damit die Menschen am Horn von Afrika eine Zukunft haben. Ohne internationale Solidarität für Nahrungsmittel, Impfstoffe und Infrastrukturanpassungen schaffen sie das aber nicht. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF warnt deshalb: «Bis zu 20 Millionen Menschen in Eritrea, Äthiopien, Kenia und Somalia benötigen in den nächsten sechs Monaten Wasser- und Nahrungsmittelhilfe.» Die Organisation befürchtet, dass diese Zahl drastisch ansteigen werde, sollte der Regen weiterhin ausbleiben.  

181 Millionen Menschen am Horn von Afrika 
In Kenia leben 54 Millionen Menschen, in Somalia 16 Millionen, in Äthiopien 115 Millionen und in Eritrea sechs Millionen Menschen. Das Horn von Afrika leidet vor allem an zu hohem Beweidungsdruck, was zu einem grossen Habitat-Verlust führte. Von dem ursprünglichen Ökosystem sind nur noch fünf Prozent erhalten geblieben. Die Überfischung durch die Hochseefischerei und die zunehmende Versiegelung der Landschaft sind die grossen Probleme. 

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