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Anne Challandes
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Mein achtsamer Blick:

David Hachfeld, Textilexperte bei
Public Eye

Wie verantwortungsvoll sind Online-Modehändler?

In der Schweiz wird heute schon fast jedes dritte Kleidungsstück im Internet gekauft. Und der Übergang vom stationären zum digitalen Modegeschäft beschleunigt sich weiter. Mit einem geschätzten Umsatz von 1,04 Milliarden Franken (2021) kontrolliert der deutsche Konzern Zalando bereits knapp zehn Prozent des Schweizer Bekleidungs- und Schuhmarkts. Parallel zum Profit wächst aber auch die soziale und ökologische Verantwortung der grossen Online-Anbieter. Deshalb hat Public Eye in einem umfassenden Firmencheck zehn der in der Schweiz bekanntesten Online-Modehändler diesbezüglich unter die Lupe genommen. Die Analyse von About You, Alibaba, Amazon, Asos, Bonprix, Galaxus, La Redoute, Shein, Wish und Zalando beleuchtet vier Hauptaspekte der Unternehmensverantwortung dieser neuen Akteure: die Lieferkettentransparenz, die Lohnpolitik in den Produktionsländern, die Arbeitsverhältnisse in der hiesigen Logistik und den Umgang mit den (bis zu 50 Prozent betragenden) Retouren.

Zunächst die halbwegs gute Nachricht: Zu den Herstellerbetrieben ihrer Eigenmarken machen wenigstens sechs der zehn Online-Modehändler einige Angaben. Für Fremdmarken hingegen ist Herkunftstransparenz in keinem der untersuchten Online-Shops ein Aufnahmekriterium. Auch fand sich dort nirgendwo ein Hinweis, inwieweit die Textilarbeiterinnen in den Produktionsländern einen existenzsichernden Lohn erhalten. Die Suche nach Informationen über Arbeitsbedingungen in der riesigen Logistik lieferte ebenfalls keine Resultate. Und nur vier der zehn Firmen veröffentlichen Statements zur Vermeidung der Vernichtung von Retouren. Aber verbindliche Richtlinien dazu? Wieder Fehlanzeige!
Das schlechte Abschneiden der Firmen zeigt die Notwendigkeit von klaren rechtlichen Leitplanken auf, die den aktuellen Strukturwandel in der Schweiz politisch gestalten und Risikofaktoren wie Menschenrechtsverletzungen, Armutslöhne oder Ressourcenverschwendung gesetzlich minimieren. Wie immer mehr Konsumierende will auch Public Eye eine Mode, die nichts zu verbergen hat, ohne Ausbeutung auskommt und nicht im Müll landet. Konkret fordern wir dafür vom Schweizer Parlament eine gesetzliche Pflicht zur Einhaltung von existenzsichernden Einkommen und Schaffung von Herkunftstransparenz, ein Vernichtungsverbot für neuwertige Kleidung und besseren Schutz der Arbeitsrechte in der Logistik. Denn für Mensch und Umwelt schädliche Geschäftspraktiken dürfen nicht länger durch Wettbewerbsvorteile belohnt werden. 

 

David Hachfeld ist Textilexperte bei Public Eye

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