Anne Challandes
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Mein achtsamer Blick:

 

David Höner,
Gründer von Cuisinesans frontières

 

Essen und Trinken ist nicht alles, aber ohne Essen und Trinken ist alles nichts

Seit 2005 gibt es Cuisine sans frontières (Csf). Aus dem kleinen Hilfswerk ist eine etablierte, aber nach wie vor unabhängige, gemeinnützige Organisation entstanden. Unser Motto: «Cuisine sans frontières bittet zu Tisch, um Konflikte zu lösen und Gemeinschaft zu fördern.» Unsere Aufgabe: mit Mitteln der Gastronomie und uneigennützigem Gastgebertum in kritischen Zeiten den sozialen Zusammenhalt zu fördern und eine Plattform zu bieten für Betroffene am Rande der Gesellschaft. Wir haben unter anderem im kolumbianischen Bürgerkrieg, in Favelas in Brasilien und im konfliktreichen North-West Rift Valley in Kenia gearbeitet. Auch in Griechenland, im Libanon, in der Demokratischen Republik Kongo, in Ecuador und Burkina Faso sind gastgeberische Standorte von Csf aufgebaut worden. In der Schweiz arbeiten wir als neutrale Gastgeber im Bundesverfahrenszentrum in Zürich oder neuerdings im entlegenen Bergell. Immer als Gastgeber, immer zusammen mit Menschen, die im Miteinander Wege suchen und nicht selten auch finden. Menschen, die aus schwierigen Situationen das Beste machen, den Mut und die Hoffnung nicht verlieren. Das Miteinander ist es, das Stärke schafft. Am Esstisch und in der Küche, wo geteilt, gearbeitet und geplaudert wird. Das ist kein Homeoffice-Projekt, kein Papiertiger. Cuisine sans frontières lebt von der Begegnung richtiger Menschen: Frauen, Männer und Kinder, Alte und Junge, Freunde und misstrauisch betrachtete Nachbarn. Man bricht im buchstäblichen Sinne das Brot miteinander. Die Geschichte von Csf habe ich im Buch «Kochen ist Politik» beschrieben. Wir sind jetzt seit 16 Jahren unterwegs und es gibt keinen Grund, aufzuhören. 

Der Satz «Essen und Trinken ist nicht alles, aber ohne Essen und Trinken ist alles nichts» lehnt sich an Willy Brandts berühmtes Bonmot: «Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts» an. Traurig ist, dass diese einfache Wahrheit in den Köpfen derjenigen, die uns und unser Leben dirigieren, in den Köpfen der Politiker, der Gewerkschaftler, der Mediziner, der Philosophen, der Lehrer und Professoren sowie der staatlichen Verwaltung nur eine untergeordnete Rolle spielt.  

Zurück zum Anfang, zum Kleinen, zum Eigenen. Zurück zum ehrlichen Teilen, zurück an den Esstisch. Während wir uns über das Essen und Trinken freuen, können wir darüber reden, was zu tun ist. Die Veränderungen müssen von unten nach oben wachsen. Gegenseitiges Gastgebertum gilt für alle und die Gastronomie, welche mit allem verknüpft ist, bietet die notwendige Plattform zum kulinarischen Dialog. Damit wir gemeinsam überlegen können, wie die Welt zu verbessern wäre. 

David Höner, geboren 1955, Koch, Journalist und Gründer der gemeinnützigen Organisation Cuisine sans frontières (2005). Er ist Autor von zwei Büchern«Kochen ist Politik» und «Köchehört die Signale», erschienen im Westend Verlag Frankfurt. Gegenwärtig leitet er die Projekte von Csf in Ecuador. 

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