Anne Challandes
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Mein achtsamer Blick:

Kelsang Kone, Geschäftsführer der Stiftung «Menschen für Menschen».

 

Nothilfe erreicht Klimaflüchtlinge in Äthiopien

Europa ächzt unter der schlimmsten Trockenheit seit Jahrzehnten. Aber noch muss in unseren Gefilden niemand seine Heimat aufgrund des Klimawandels verlassen. Das ist in Äthiopien anders: In Borena, im Süden Äthiopiens, sind wegen der Dürre, die schon seit zwei Jahren anhält, Tausende von Menschen zu Klimaflüchtlingen geworden. Denn dort, wo früher Gras und Büsche grünten, auf denen Ziegen und Rinder in grosser Zahl weideten, ist die Erde jetzt nackt: Die Landschaft erinnert an eine Wüste und die Herden sind verschwunden – sie sind verhungert oder verdurstet. Die Menschen, die ihren Lebensunterhalt als Hirten verdienten, wurden somit ihrer Lebensgrundlage beraubt. Sie mussten ihre Heimat verlassen. Und so entstanden am Rande von Äthiopiens Städten und Dörfern zahlreiche Flüchtlingscamps, in denen sich die Hirtenfamilien sammelten in der Hoffnung auf Gelegenheitsjobs oder Nothilfe. Auch am Rande der Kleinstadt Dubuluk haben sich Klimaflüchtlinge niedergelassen. Die meisten Familien sind schon seit Monaten hier im Bekata-Camp. Die Menschen im Camp haben bislang überlebt, weil sie das Wenige, das sie noch hatten, über Familiengrenzen hinweg teilten – wie es die Tradition der Borena-Hirten will. Nun sind die Familien am Ende ihrer Kräfte, wie ein Besuch der Stiftung «Menschen für Menschen», gegründet vom Schauspieler Karlheinz Böhm (1928–2014), in der zweiten Augustwoche zeigte: Überall waren die Vorräte aufgebraucht.

Deshalb hat die Stiftung eine Nothilfeaktion auf die Beine gestellt, die zum Ziel hatte, rund 200 Tonnen Grundnahrungsmittel in das Camp zu schaffen. Zu diesem Zweck hat die Schweizer Stiftung Mais auf einer Grossfarm im Nordwesten Äthiopiens aufgekauft, um sie ins Katastrophengebiet zu bringen. Die Trucks brauchen vier Tage, um über die schlaglochübersäten Pisten, rund 900 Kilometer weit, zu den notleidenden Hirten zu gelangen. Am ersten Verteilort im Bekata-Camp warteten rund 300 Menschen, vor allem Frauen, dicht gedrängt unter Akazien. In Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden und der Hirtengemeinschaft sind vorab Listen der Bedürftigen erstellt worden. Insgesamt bekommen 4539 Menschen 15 Kilogramm Maismehl und einen halben Liter Speiseöl pro Monat. Daneben werden Waschseifen und Zeltblachen verteilt. Seit dem ersten Erkundungsbesuch der Stiftung im Juli sind die Camps für Klimaflüchtlinge weiter gewachsen: Es kamen noch mehr Hirtenfamilien an. Bis Ende September plant die Schweizer Stiftung deshalb noch zwei weitere Verteilaktionen. Danach wird die Regenzeit erwartet. Wenn sie tatsächlich kommt, wird sich die Situation hoffentlich langsam entspannen. Tatsächlich sind Trockenzeiten für die Hirten nichts Ungewöhnliches. Aber derartig lange Dürren ist selbst Äthiopien nicht gewohnt. Sie zeigen, dass gerade die ärmsten Menschen am schwersten unter dem globalen Klimawandel leiden, den vor allem die reichen Länder verursachen.

Kelsang Kone ist Geschäftsführer der Stiftung «Menschen für Menschen» (mfm.ch). Der 43-Jährige studierte Betriebsökonomie und NPO-Management an der Hochschule Luzern und an der Universität Freiburg.

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