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Die Schweizerische St. Lukasgesellschaft (SSL), das Forum für Kultur, Architektur, Kirche und Spiritualität, feiert ihr 100-jähriges Jubiläum. Gefeiert wird mit Kunstinterventionen in Kirchenräumen in über zehn Kantonen. Die SSL wird heute vom reformierten Theologen Matthias Berger präsidiert, der als Seelsorger in der Bahnhofkirche Zürich wirkt.

Stephan Leimgruber

 

Alles begann in der Westschweiz schon 1919 mit der «Groupe de Saint-Luc et Saint-Maurice» – ein Häuflein Kunstinteressierter, das sich fünf Jahre später mit der St. Lukasgesellschaft in Olten verband. Diese Gesellschaft nahm sich Lukas zum Patron und interessierte sich für zeitgenössische Architektur und Kirchenbaukunst. Es galt, für den in der Diaspora nötigen Kirchenbau weder Kitsch noch bombastische Tempel zu konstruieren, sondern der jeweiligen Kunst und dem sakralen Bau verpflichtete Kriterien anzuwenden. Kirche und Kunst sollten in einen fruchtbaren Dialog treten statt sich als Feinde oder Ignoranten gegenüberzustehen. Die Botschaft des Evangeliums, eine frohe Botschaft, darf in der äusseren Architektur wie in der inneren Gestaltung von Kirchenräumen ihren Niederschlag finden. Fragen tauchten auf wie folgende: Was macht eine Kirche aus? Was unterscheidet sie von einem profanen Bau? Heute kommen Fragestellungen dazu wie: Wie sind Renovationen und Umnutzungen zu verantworten? Lassen sich heute multireligiöse Räume andenken?

Der Baseler Architekt Hermann Baur, der zu den bedeutendsten Kirchenbauern gerechnet wird, hat die SSL mitgeprägt. Inspiriert von Le Corbusier, entwickelte Baur einen bewegten Kirchenraum, um eine neue und moderne Aussage zu vermitteln. Oder Karl Moser, der viele  Kirchen entworfen und sich dabei im Stil stets weiterentwickelt hat. Der Bogen reicht von der ehemaligen evangelisch-reformierten Pauluskirche in Basel (1901, heute Kulturkirche Paulus) bis zur Antoniuskirche, die  den Höhepunkt seines sakralen Schaffens bildet.

Seit den 1970er-Jahren ist die SSL ökumenisch unterwegs. Die Fragestellungen wurden breiter und verlagerten sich vom konjunkturellen Kirchenneubau der Nachkriegsjahre mehr und mehr hin zu grundsätzlichen Positionsbezügen im Spannungsfeld von Kunst und Kirche, wovon etwa die Symposien von 1997 (Kunst und Kirche) und 2006 (Braucht Kunst die Kirche?) zeugen.

Die Gesellschaft ist heute ein weit verzweigtes, lebendiges Netzwerk von Gestalterinnen und Gestaltern für Kirchenbau und Kirchenkunst. Zum Jubiläum werden ab jetzt in 28 Kirchen der Schweiz in loser Folge Ausstellungen gezeigt. Kunst und Kirche im Dialog, das grosse Thema seit 2000 bis heute, steht dabei im Mittelpunkt. Mit dem Jubiläum erinnert die SSL auch daran, wie viele grosse Künstlerinnen und Künstler sich am Kirchenbau hervorgetan und nicht selten weltweite Anerkennung ausgelöst haben.

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