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Anne Challandes
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Mein achtsamer Blick:

Mandana Roozpeikar, Direktorin des Textilmuseum in St. Gallen

Guter Stoff ist nachhaltig

Textilien sind ein zweischneidiges Thema. Wir alle brauchen sie täglich, von der Geburt bis zum Tod. Es gibt kein Entrinnen. Gleichzeitig wird uns immer bewusster, dass die Produktion unserer täglichen Kleidung eine Mitschuld an der Umweltzerstörung trägt. Der Wasserverbrauch ist je nach Stoffherstellung massiv, die verwendeten Färbemittel sind oft giftig für Mensch und Umwelt und der CO2-Ausstoss ist enorm. Jeanshosen reisen im Schnitt mehr als einmal um die Erde, bevor sie bei uns im Kleiderschrank landen. Die Produktionskette – von der Baumwollkapsel bis zum Verkauf im Laden – kann bis zu zwei Jahren dauern. Getragen wird die Jeans oft nur wenige Monate und dann ist sie nicht mehr hip genug und wird vergessen oder im nächsten Kleidersack entsorgt. Viele Textilien, die wir billigst erwerben, werden gar nicht erst getragen. Fast Fashion heisst diese absurde Mode-Erscheinung.  

Aber es geht auch anders, wie Kleidertauschbörsen, Upcycling oder nachhaltig und umweltbewusst produzierte Stoffe zeigen. Das Textilmuseum St. Gallen nimmt sich dieses Themas auf vielfältige Art und Weise an und wagt den Blick über den Tellerrand. So zeigt die aktuelle Ausstellung «Sudō Reiko – Making Nuno» eine Verknüpfung von traditionellem japanischem Handwerk mit neuen Technologien und ungewöhnlichen Materialien. Sudō Reiko, ausgebildete Industriedesignerin und seit mehr als dreissig Jahren Designdirektorin der Textilfirma NUNO, kreiert aus unterschiedlichen Rohstoffen, wie Abfallprodukte der Seidenherstellung, handgeschöpftes Papier, Nylonband oder Thermoplastik, neue Textilien. Ein besonderes Augenmerk legt die Designerin auf die Nachhaltigkeit von Materialien und Verfahren, auf regionale Wertschöpfung, fairen Umgang mit den Mitarbeitenden und die Bewahrung althergebrachter Handwerkskunst. Die Auseinandersetzung mit den Entwürfen der japanischen Textildesignerin offenbaren, dass Innovation und Kreativität gekoppelt mit dem Thema Nachhaltigkeit das Image der globalen Textilproduktion positiv verändern können.  

Einen achtsamen Umgang mit Textilien zeigt auch die geplante Herbstausstellung «8. Europäische Quilt-Triennale». Hier entstehen aus Stoffresten und anderen Verfahren wahre Kunstwerke. Die politisch motivierten Arbeiten reflektieren auf textilem Grund aktuelle, gesellschaftlich wichtige Themen wie Corona, Black Lives Matter oder Afghanistan – um nur einige zu nennen. 

Wer Lust bekommen hat, sich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen, dem sei ein Ausflug nach St. Gallen empfohlen. Und wer selbst aktiv werden möchte, bringe doch seine alten, noch gut erhaltenen und schönen Kleidungsstücke an der nächsten SWAP-Party im Textilmuseum vorbei. Tauschen macht Freude und schont die Umwelt! 

Mandana Roozpeikar ist seit dem 1. März 2022 Direktorin im Textilmuseum St. Gallen. Die Ethnologin arbeitete für mehrere Jahre als Kuratorin und Projektleiterin in verschiedenen Schweizer Museen, wo sie Ausstellungen an der Schnittstelle von Natur und Kultur konzipierte. 

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