Anne Challandes
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Mein achtsamer Blick:

Regula Rytz​, Präsidentin von Helvetas

Helvetas ruft die Schweiz zu mehr Solidarität und Engagement auf 

Die Welt wird von grossen Krisen durchgeschüttelt. Viele Menschen sind besorgt angesichts des Krieges in der Ukraine, klimabedingter Dürren und Flutkatastrophen, von Inflation und drohender Energieverknappung. Besonders betroffen sind jedoch die Menschen in den ärmsten Ländern der Welt. Sie kämpfen seit jeher für ein würdiges Leben ohne Armut, für wirtschaftliche Perspektiven, faire Chancen und gleich lange Spiesse. Fortschritte, die in den letzten Jahren erzielt wurden, sind heute in Gefahr. Armut und Hunger nehmen wieder zu; gemäss UNO leiden 811 Millionen Menschen an Hunger – fast 100 Mal so viele, wie in der Schweiz leben –, und man muss befürchten, dass es dieses Jahr noch schlimmer kommt. Die verschiedenen Krisen hängen miteinander zusammen; zu ihrer Überwindung sind umfassende und koordinierte Ansätze notwendig. Es braucht jetzt eine verstärkte internationale Zusammenarbeit, um ihre Ursachen anzupacken. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden die Folgekosten enorm sein. 

Helvetas ruft deshalb mit einem dringenden Appell für globale Gerechtigkeit die Schweiz auf, Verantwortung zu übernehmen. Die NGO präsentiert sechs konkrete Vorschläge: Mit einem Beitrag von zusätzlich mindestens 100 Millionen Franken zur Bekämpfung des Hungers kann die Schweiz an ihre humanitäre Tradition anknüpfen. Zudem muss die Schweiz ihren internationalen Verpflichtungen zum Klimaschutz nachkommen und sich für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Wirtschaft engagieren. Während der nächsten zwei Jahre im UNO-Sicherheitsrat kann sie sich konsequent für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen und in Konfliktsituationen vermitteln. Mit ihrer Wirtschafts-, Finanz- und Handelspolitik soll die Schweiz darüber hinaus zu einer nachhaltigen globalen Entwicklung beitragen. Denn: Unser Land ist keine Insel, unser Wohlergehen hängt auch von globalen Entwicklungen ab. Und: Die Schweiz kann einen wichtigen Beitrag zur Linderung von Not und Armut in der Welt leisten, sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen, das friedliche Zusammenleben und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen fördern. Dazu verpflichtet uns auch die Bundesverfassung. 

Helvetas, die Schweizer Organisation für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe, ist überzeugt, dass in jedem Menschen das Potenzial steckt, sich aus der Armut zu befreien, wenn er faire Chancen erhält. Faire Chancen heisst erstens, dass Grundbedürfnisse wie Zugang zu sauberem Wasser und ausreichender Ernährung gedeckt sind. Zweitens, dass Bildung und berufliche Perspektiven die Grundlage für ein sichereres Einkommen schaffen, und drittens, dass Gleichberechtigung und gesellschaftliche Mitsprache die Voraussetzung für ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben bilden. Helvetas setzt sich seit Jahrzehnten in 30 Ländern genau für diese Bereiche ein und erlebt in der täglichen Arbeit ganz konkret, wie wenig es braucht, um echte Veränderungen und Wege aus der Armut zu schaffen. 

Regula Rytz ist Präsidentin von Helvetas (helvetas.org), die Schweizer Organisation für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe. Die ehemalige Nationalrätin ist Historikerin und engagiert sich seit Jahrzehnten unter anderem für Klimapolitik, die Gleichstellung, Bildung und soziale Sicherheit. 

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