Anne Challandes
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Der achtsame Blick:

Simon Brechbühl, Geschäftsführer Christian Solidarity International (CSI) Schweiz.

Migros muss über die Bücher

Seit Wochen blockiert Aserbaidschan die Zufahrtsstrasse nach Berg-Karabach. 120 000 Menschen gehen Lebensmittel und Medikamente aus. Das ist aber für die Migros kein Grund, ihre Geschäfte mit der aserbaidschanischen Ölfirma Socar zu kündigen. Mitglieder der breit abgestützten Koalition «MigroliNOTsocar» gaben deshalb am 20. Dezember eine Petition mit mehr als 6600 Unterschriften am Migros-Hauptsitz in Zürich ab. Die Petitionäre fordern die Migros auf, den Vertrag mit Aserbaidschans Geldquelle, der Ölfirma Socar, zu beenden. Hintergrund sind die Menschenrechtsverletzungen dieses ultranationalistischen, diktatorisch regierten Staates und sein aggressives Vorgehen gegen Armenien. Die Partnerschaft der Migros bzw. von Migrolino mit Socar kann auf keinerlei Weise mit den öffentlich propagierten Werten der Migros gerechtfertigt werden. Ein Treffen am 30. Januar 2023 zwischen den Petitionären und der Migros-Leitung verlief ergebnislos. Für die Nationalräte Carlo Sommaruga und Stefan Müller-Altermatt sowie Sarkis Shahinian (Gesellschaft Schweiz-Armenien) ist die Haltung der Migros unverantwortlich. 120 000 Menschen dürfen nicht mehr nach Armenien fahren. Sie sind abgeschnitten vom Nachschub mit frischen Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff und in ihrer Existenz bedroht.
Die Migros-Verantwortlichen wissen, dass die Blockade Aserbaidschans zur Strategie eines genozidalen Prozesses gegen Armenien gehört. Bekannt sind ihnen auch die Menschenrechtsverletzungen durch Aserbaidschan und die hohe Korruption. Trotzdem hält die Migros am Deal mit Socar fest. Diese Handelsbeziehung sei legal, argumentiert Migros-Manager Michel Gruber. Weder die Schweiz noch die UNO hätten Sanktionen gegen Aserbaidschan verhängt. Gruber versprach, die Socar-Verträge sofort zu kündigen, sollte dies vom Gesetz oder durch einen Entscheid des Bundesrats gefordert werden.
Obwohl die aserbaidschanische Diktatur nachweislich für ethnische und religiöse Säuberungen von armenischen Christen und weitere schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist, macht die Migros mit ihr Geschäfte. Da stellt sich die Frage: Sind sich die Migros-Kundinnen und -Kunden bewusst, dass sich das Wertesystem der Migros und ihres Gründers von der menschlichen Solidarität weg zum globalen Kapitalismus verschoben hat?

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