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Früher war alles besser. Diesen Satz hört – und sagt – man öfter, je älter man wird. Ganz sicher ist: Früher war es anders. Veränderung ist nicht nur schlecht. Das gilt auch für die Medien. Die Vor- und Nachteile der digitalen Revolution und wie das heute so funktioniert. 

von Flavia Müller 

«Man kann nicht nicht kommunizieren», das wusste schon der Psychologe Paul Watzlawick. Dass Kommunikation aber auch ein echtes Bedürfnis der Menschheit ist, ist unbestritten. Bereits in der Steinzeit wurden Botschaften mittels Felsmalereien kommuniziert. Später überlieferten indigene Stämme ihre Geschichten mit Gesang, Tanz oder einfach durch Erzählungen. Mit der Erfindung des Buchdrucks um 1450 entstand ein weiteres Medium, das zu Beginn vor allem Adelige und Geistliche nutzten – denn die breite Bevölkerung konnte damals noch nicht lesen und schreiben.  

Und dann ging es vergleichsweise schnell. Die erste Zeitung entstand 1605 in Strassburg. Innert wenigen Jahren folgten überall in Europa weitere Zeitungen – vor allem wegen des Dreissigjährigen Krieges, in den alle Länder des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verwickelt waren. Man musste möglichst schnell wissen, was in der Ferne passierte. Schnell prägte sich auch der Begriff des «rasenden Reporters», der umgehend am Ort des Geschehens war und die Geschichten aufschrieb. Würden die damaligen rasenden Reporter die Geschwindigkeit heutiger Medien sehen, bräuchte man einen neuen Begriff. Neuigkeiten noch am selben Tag als Extrablatt zu drucken war eine Wahnsinnsleistung, von Reporter, Verleger und Drucker gleichermassen. 

Heute hat man sich daran gewöhnt, jederzeit auf die aktuellsten Neuigkeiten aus aller Welt zugreifen zu können. Möglich macht es das Internet, das auf digitalem Weg die Globalisierung um viele Jahre vorangetrieben hat. Gerade zu Kriegszeiten ist es hilfreich, immer auf dem aktuellsten Stand zu sein. Das sehen wir momentan live am Beispiel der Ukraine.  

Medien in ständiger Veränderung
Die Medienlandschaft hat sich stark verändert seit der Entwicklung des Internet. Medien werden gelesen, aber dafür zahlen will kaum einer. Viele Zeitungen und Zeitschriften gingen bereits ein oder fusionierten mit anderen Titeln. Die Auswahl für Leser ist aber noch immer riesig. Und das medienübergreifend. Der Trend der letzten Jahre zeigt eine Verlagerung von Print hin zu Online. Besonders Jugendliche haben ein anderes Leseverhalten als vor Internet-Zeiten. Informationen holt man sich heute mehrheitlich auf sozialen Medien, News liest man meist auf dem Handy. Wer heutzutage in Tram, Bus oder Bahn unterwegs ist, sieht deshalb überall das gleiche Bild. Mehr als 90 Prozent der Passagiere sitzen alleine und starren auf ihr Handy. Die Elf- bis 15-Jährigen der Schweiz nutzen gemäss einer Umfrage an einem Wochentag ausserhalb der Schule im Schnitt während 4,4 Stunden Computer, Tablet oder Smartphone – oder schauen fern. Junge Leute sind aber nicht weniger intelligent, ihnen fehlt nur die Erfahrung, sich über längere Zeiträume zu konzentrieren und lange Texte zu lesen. Das stellt vor allem das Schulsystem vor neue Herausforderungen, denn die heutigen Lehrpersonen können noch nicht auf Erfahrungswerte aus ihrer eigenen Kindheit zurückgreifen. Digital Natives, wie man die heute schon von Beginn an mit Internet, Handy und Computer aufwachsende Generation nennt, zeigen andere Verhaltensweisen und Interessen als die Generationen vor ihnen. 

Auch Social Media ist heute nicht mehr wegzudenken – privat wie auch beruflich – und das über alle Generationen hinweg. Im Januar 2021 lag die Anzahl der monatlich aktiven Nutzer von sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram, Tiktok, Twitter und Co. weltweit bei rund 4,2 Milliarden, im Jahr 2015 hatte diese Zahl noch rund 2,08 Milliarden betragen. Und die Tendenz ist weiterhin steigend. Doch was ist Social Media genau? Unter den Begriff fallen viele verschiedene Dienste (Apps) – und jeder hat seine eigene Berechtigung, mit allen Vor- und Nachteilen. 

Chatrooms und StudiVZ
Zur Jahrtausendwende waren Chatrooms und Instant-Messengers der letzte Schrei. MSN Messenger oder ICQ zogen Junge und Junggebliebene in ihren Bann. StudiVZ kennt man in der Schweiz noch von «damals». Das Pendant zum amerikanischen Facebook war hierzulande sehr erfolgreich, so sehr, dass Facebook den Dienst verklagte – wegen Nachahmung. Doch der Siegeszug von Facebook überrollte irgendwann auch StudiVZ. Noch heute ist Facebook das beliebteste Netzwerk mit monatlich fast drei Millionen aktiven Nutzern. Angefangen hat es aber mit einer Datenschutzverletzung. Mark Zuckerberg, der Gründer von Facebook, das damals noch ein internes Social Network an der Eliteuniversität Harvard war, stellte jeweils zwei Fotos von Studentinnen ohne deren Erlaubnis ins Internet und forderte die Besucher der Seite auf, das attraktivere zu wählen. Dank Protesten war dies nur wenige Tage online und das Konzept wurde angepasst. Aber auch heute steht Facebook noch immer in der Kritik aufgrund mangelhafter Datenschutzpraktiken. Der Beliebtheit tut dies keinen Abbruch. Man kommt kaum an Facebook vorbei, wenn man mit Menschen weltweit in Kontakt bleiben, Bilder posten und ansehen und Veranstaltungen finden möchte. Auch Dating geht heutzutage direkt über Facebook. In den USA nutzen 41 Prozent befragter Bürger aller Altersgruppen Facebook als Nachrichtenkanal. Somit ist es auch für klassische Printmedien wichtig, in diesen Kanälen vertreten zu sein. 

Lange Zeit galt Twitter als beliebter als Facebook. Wer nicht überflutet werden wollte von Bildern, der war eher hier unterwegs. Denn Twitter fokussiert sich auf Kurznachrichten. Ähnlich wie bei den ersten SMS waren auch die Tweets, wie Beiträge bei Twitter genannt werden, auf 140 Zeichen beschränkt. Seit 2017 sind 280 Zeichen möglich und auch Bilder können geteilt werden. Twitter bleibt aber ein klassischer Kurznachrichtendienst und ist für viele Nutzer weltweit Hauptquelle für Informationen. Einzigartig ist auch, dass das Unternehmen Zensur übt. So wird in einigen Ländern wie der Türkei der Zugang beschränkt oder gesperrt oder – wie im Falle eines von Neonazis betriebenen Kontos – das ganze Konto für das betreffende Land gesperrt. Auch Präsident Trump bekam die Zensur zu spüren. Seine Tweets wurden regelmässig mit Warnhinweisen versehen, bevor das Konto 2021 komplett gesperrt wurde. Tesla-Chef Elon Musk wollte diese Sperre nach der Übernahme von Twitter aufheben, doch nach monatelangen Verhandlungen – die teilweise öffentlich auf Twitter liefen – trat Musk vom Deal zurück und wird nun von Twitter verklagt.  

Hoch auf der Beliebtheitsskala sind dafür YouTube und Instagram. Während auf Instagram vor allem Bilder und Stories – kurze, nur 24 Stunden angezeigte Updates – im Vordergrund stehen, findet man auf YouTube Videos zu allen möglichen Themen: Reparaturtipps, Anleitungen, Musikvideos oder Reise-Infos. Die Plattform ist weltweit die zweithäufigst genutzte Plattform nach Facebook. Wer dort seine Sache richtig gut macht, kann sogar viel Geld damit verdienen. Kein Wunder, stehen «YouTuber» und «Influencer» heute oft ganz oben auf der Berufs-Wunschliste der Kinder. In der Schweiz gibt es mit der Swiss Digital Influencer Academy sogar eine Ausbildung zum Influencer. Ganz entgegen der häufig abschätzig als «Infaulenzer» bezeichneten Berufsgattung steckt harte Arbeit hinter einem guten Kanal. «Influencer müssen texten, fotografieren und filmen können. Und die richtige Plattform wählen: Wer gut textet, wird Blogger; wer gute Videos macht, wird YouTuber. Ein Influencer muss wissen, wie Storytelling funktioniert, also: Wie erzähle ich mit einem einzigen Foto oder in nur zwei Sätzen eine Geschichte? Die kleinsten Details zählen: was im Hintergrund zu sehen ist oder welche Tonalität gewählt wird», sagt Dozentin und Beirätin Melanie Balasopulos. Der Lehrgang dauert deshalb auch rund sechs bis 12 Monate und bietet 400 Lektionen an 40 Unterrichtstagen und zusätzliche, freiwillige Studienreisen. Influencer sind heute so akzeptiert und beliebt wie Filmstars. Die einen werden vom Promi zum Influencer, bei anderen ist es umgekehrt.  

Zu den sozialen Netzwerken gehören aber auch weitere Dienste. Momentan besonders beliebt ist TikTok, eine App, in der man kurze, witzige Videos aufnehmen und bearbeiten kann, unter anderem durch das Hinzufügen von Spezialeffekten und Filtern. Bekannt wurde TikTok mit Lip-Sync-Videos, bei denen die Nutzer die Lippen zum Gesang im Video bewegen und sich selbst filmen konnten. Später folgten Tanz-Challenges und heute sind vor allem kleine Streiche beliebt auf der Plattform. Zu Beginn vor allem bei den Jungen angesagt, finden sich heute auch vermehrt ältere sowie auch einzelne Unternehmen auf TikTok. Auch dort können TikToker, wenn sie attraktiven Inhalt bieten, gutes Geld verdienen. TikTok-Videos tauchen auch immer wieder in den Nachrichtendiensten von Fernsehsendern auf. Doch TikTok ist einer dieser Dienste, der wohl eher vergänglich ist. Wie Vine oder Snapchat. Einst hochgejubelt, ist Snapchat weit abgeschlagen in der Rangliste. Vine hat sogar den Dienst komplett eingestellt. Nicht viele Dienste schaffen es, langfristigen Mehrwert über den Unterhaltungswert hinaus zu bieten. Dienste wie LinkedIn oder Xing dagegen haben sich etabliert. Beide sind sozusagen Facebook-Pendants für Geschäftsleute, LinkedIn weltweit, Xing im deutschsprachigen Raum. Hier kann man sich mit anderen der eigenen Branche vernetzen, neue Jobmöglichkeiten und sogar Freunde finden. Auch Unternehmen haben hier ihre Firmenprofile und können zum Beispiel offene Stellen oder aktuelle Neuigkeiten aus der Firma posten.

Soziale Medien bieten viele Vorteile und Möglichkeiten, bergen aber auch Gefahren. Besonders für Minderjährige und Jugendliche ist es nicht leicht, zu differenzieren, was echt und was falsch ist. Zudem sind Kinder und Jugendliche viel leichter zu beeinflussen und werden schneller Opfer von Mobbing – on-, aber auch offline. Mit dem Lehrplan 21 werden die Themen Medien und soziale Netzwerke auch im Schulunterricht durchgenommen. Die Schülerinnen und Schüler sollen dadurch Medien kennenlernen, diese einordnen und dabei feststellen, welche Auswirkungen die Berichterstattung hat. In Bezug auf Realität und Fiktion können sie dann die Gefahr erkennen, dass Inhalte digitaler Medien, vor allem Bilder, mit einfachen Mitteln manipulierbar sind. Eine Erkenntnis, die auch Erwachsenen nicht schadet.  

 

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