Anne Challandes
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Mein achtsamer Blick:

 

Stefan Inderbitzin,
Leiter des WWF-Magazin und
Berater der kantonalen WWF-Sektionen in Kommunikationsfragen

 

 

Schützt die letzten natürlichen Bergbäche

Wann sind Sie zuletzt an einem natürlichen Bergbach entlanggewandert? Davon gibt es in der Schweiz nicht mehr viele. Einer davon ist die Ova Chamuera im Oberengadin: In der Nachbarschaft des Nationalparks gelegen ist das Einzugsgebiet mit insgesamt 218 Kilometer Gewässerstrecke bis heute fast vollständig unberührt von menschlichen Eingriffen. Und weil dies auch in Zukunft so bleiben soll, wurde die Ova Chamuera im Oktober mit dem Zertifikat Gewässerperle PLUS ausgezeichnet. Es ist dies erst der zweite Bach in unserem Lande, der dieses Zertifikat erhalten hat.

Dabei grenzt es an ein kleines Wunder, dass der Bach mit seinem bis zu 40 Meter breiten Bett bis heute in seiner Wildheit erhalten blieb. Denn einst war hier inmitten des zauberhaften Bergtals ein Stausee vorgesehen. Und später plante Repower an der Ova Chamuera ein subventioniertes Kleinwasser-Kraftwerk. Eines von der Sorte, das viel zerstört und wenig bringt für die Energiewende.

Doch die Gemeinde wollte davon nichts wissen und schickte das Projekt bachab. Die Bevölkerung wollte lieber das natürliche Bergtal in seiner ursprünglichen Schönheit erhalten, als sich an einem Kraftwerk beteiligen. Ein bereits gebautes Kleinwasserkraftwerk wird nun zurückgebaut, womit der Bach noch natürlicher wird. Als kantonales Landschaftsschutzgebiet zeichnet sich das Val Chamuera durch seine grosse Naturvielfalt aus. Hier nisten Bartgeier, Adler drehen ihre Runden über dem Tal und im Sommer blühen Frauenschuh und weitere Orchideenarten. Das Tal könnte dereinst gar Teil eines erweiterten Nationalparks werden.

Natürliche Gewässer wie die Ova Chamuera spielen eine wichtige Rolle: Mit ihrem natürlichen Reichtum tragen sie zur Artenvielfalt bei. Sie sind Kinderstube für Insekten, Fische und andere Lebewesen. Darüber hinaus sind sie auch wichtige Erholungsgebiete für uns Menschen. Der WWF will die letzten Gewässerperlen der Schweiz erhalten und hat deshalb den Verein Gewässerperlen mitgegründet. Es war höchste Zeit für einen solchen Verein. Denn in der Schweiz sind wilde und lebendige Flüsse und Bäche selten geworden: Nur noch fünf Prozent der Gewässer befinden sich in einem natürlichen oder naturnahen Zustand. Die meisten Fliessgewässer in unserem Land sind begradigt, kanalisiert oder durch Staudämme zerstückelt.

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Dabei sind gesunde Bäche und Flüsse für den Erhalt der Artenvielfalt zentral. Natürliche Gewässer sind aber auch wichtig in Zeiten der Klimakrise:  Da die Temperaturen in allen Gewässern steigen, benötigen Fische kältere Rückzugsgebiete, wie sie in lebendigen Gewässern zu finden sind. Zudem schützen frei fliessende Gewässer mit genügend Platz viel besser vor Hochwasser als kanalisierte Bäche und Flüsse. Und Wetterextreme und damit verbunden auch die Hochwassergefahr nehmen Jahr für Jahr zu, das hat der vergangene Sommer genügend bewiesen. Helfen Sie mit, dass wir auch in Zukunft lebendige Gewässer in unserem Land erhalten können.

Stefan Inderbitzin ist in der Unternehmenskommunikation des WWF Schweiz tätig. Er leitet das WWF-Magazin und berät die kantonalen WWF-Sektionen in Kommunikationsfragen.

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