volodymyr hryshchenko
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Die belgische Küstenstadt Knokke-Heist bekommt ein neues Wahrzeichen. Das Wohnhaus Hoost schreibt die Architektur neu – zum Beispiel mit Strandhäusern, die aufeinandergestapelt sind. Das führt zu einer expressionistischen Fassade mit Vorteilen für die Umwelt.

Anton Ladner

Das Pariser Architekturbüro Jakob + MacFarlane will immer wieder neue Wege beschreiten. An der belgischen Küste, knapp 20 Kilometer von Brügge entfernt, entsteht deshalb ein 14-stöckiges Mehrfamilienhaus, das aus gestapelten Einfamilienhäusern zu bestehen scheint. 97 Wohnungen mit ein bis drei Schlafzimmern und Wohnflächen von 57 bis 117 Quadratmetern machen den Neubau Hoost aus. 16 Wohnungen werden zu einem subventionierten Preis verkauft, die Auswahl trifft die Gemeinde, die mit dem Programm «Woonprojecten» Eigenheime für junge, einkommensschwache Familien fördert. Es ist bei Weitem nicht das einzige Projekt der Gemeinde, bei dem sie sich für bezahlbaren Wohnraum engagiert. Denn in Knokke-Heist bewegen sich bei Eigentumswohnungen die Quadratmeterpreise zwischen 3700 und 11 500 Franken (direkt am Meer mit Aussicht) pro Quadratmeter. Im untersten Stockwerk von Hoost sind öffentliche Räume geplant – eine Bibliothek, eine Spieltheke für Kinder, ein Café, Büros und ein Versammlungsraum. Denn das Architekturbüro Jakob + MacFarlane versteht sich als multidisziplinär und multikulturell, was sich in den Projekten niederschlagen soll.

Dominique Jakob ist Absolventin der École d’architecture Paris-Villemin, nachdem sie zuvor 1990 einen Abschluss in Kunstgeschichte erworben hatte. Von 1994 bis 2004 unterrichtete sie an den École d’architecture Paris-Villemin und Paris-Malaquais sowie an der Special School of Architecture und 2018 am Los Angeles Southern California Institute of Architecture. Seit 2016 ist sie Vollmitglied der französischen Akademie für Architektur. Mit Brendan MacFarlane gründete sie 1998 das Büro Jakob + MacFarlane. Brendan MacFarlane, geboren in Neuseeland und Absolvent des Southern California Institute of Architecture in Los Angeles, erhielt seinen Master-Abschluss an der Harvard Graduate School of Architecture in Boston (1990). Später hat er an mehreren renommierten Universitäten unterrichtet. Von Anfang an hat sich Jakob + MacFarlane architects als experimentelles Architekturlabor auf den ökologischen Wandel konzentriert. Beim Projekt Hoost wird dies auf unterschiedliche Weise sichtbar: keine glatten und dunklen Fassaden, wie bei Wohntürmen bis heute noch üblich, sondern luftdurchlässige Konstruktionen mit Gärten auf verschiedenen Etagen. Das ist eine kluge Massnahme gegen die Erwärmung. Die Strandhäuser dehnen sich nicht in die Vertikale aus, was Einfamilienhaus-Gefühl ohne Landverschleiss ermöglicht. Das Wohnhaus wird auch kein Luxusgetto, weil mit einem Anteil sozialen Wohnungsbaus und einer Öffnung des Erdgeschosses für Passanten eine soziale Durchmischung entsteht. Und das Wohnhaus verführt – im Gegensatz zu verglasten Wohntürmen – zum Träumen, weil es Erinnerungen an die Bauklötze in der Kindheit weckt und ganz individuelles Wohnen ermöglicht.

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