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In den Supermärkten und Gartencentern ist eine breite Palette von Vogelfutter im Angebot – inklusive verschiedene Vogelhäuschen. Aber ist es in Zeiten der Klimaerwärmung noch sinnvoll, Vögel zu füttern? 

Urs Heinz Aerni

Es sei eine Frage des Standortes, wo gefüttert werden solle, teilt die Geschäftsleitung der Vogelpflegestation der Voliere am Mythenquai in Zürich mit. In Siedlungen mit naturnahen Gärten an Waldrändern oder Stadtpärken mit reichem Bestand an Bäumen, Hecken, Gebüschen und Gewässern aber nur bedingt. Hier gibt es nämlich genug Samen und Insekten. Anders gestaltet es sich in Stadtvierteln, wo es alles andere als naturnah aussieht, also viel Rasen, Schotter und exotische Bepflanzungen. Das Füttern ergebe Sinn, «wenn wir das Überleben unserer heimischen Vögel unterstützen möchten. Auch vielleicht aus dem Zweck, dass doch noch natürliches Leben aus dem Wohnzimmerfenster beobachtet werden kann», so Elisabeth Schlumpf von der Vogelpflegestation Mythenquai. 

In der Schweiz überwinternde Vögel beginnen sich im Herbst nach guten Futterquellen zu orientieren. Wenn also ab Oktober und November Futterstellen eingerichtet werden, dann wäre es wichtig, diese Fütterung den Winter hindurch zu gewährleisten für eine durchgehende Versorgung. Diese kann über Leben oder Tod entscheiden, besonders bei massiven Frost- und Schneeeinbrüchen, die bekanntlich auch noch im März oder April stattfinden könnten. Durch den Klimawandel kehren viele Zugvögel immer früher in ihre Brutgebiete zurück. Das heisst: Die hiesige Vegetation bietet vielerorts noch keine bis wenige Blüten und Früchte. So kann ein Weiterfüttern mit hochwertiger Qualität in die Brutzeit hinein das Überleben fördern. Ob diese Überbrückungshilfe mittel- und langfristig Bestand haben wird, muss sich noch zeigen. Inwieweit man auch im Sommer füttern soll, früher ein Verbot, wird derzeit unter Fachleuten diskutiert. Einige äussern sich zur Vogelfütterung – ob im Winter oder Sommer – durch die Menschen kritisch, da dies die Fitness des Überlebens schwächen könnte. In Anbetracht des Insektensterbens wie auch der Zersiedelung der Landschaft brauche es je nach Standort eine Neubeurteilung. Das Füttern im Sommer könne eine Überbrückung für gewisse Vogelarten sein im Hinblick auf hoffentlich wieder bessere Zeiten oder als Unterstützung der Anpassung an die neuen klimatischen Verhältnisse. Hinzu kommt das fachgerechte Füttern mit Fokus auf Hygiene als Prophylaxe von Krankheiten. 

Sogenannte Futtersäulen, also zum Beispiel Plexiglassäulen mit angebrachten Sitzmöglichkeiten und kleinen Öffnungen, verhindern, dass die Vögel im Futter sitzen und es mit dem eigenen Kot verschmutzen. Überdachte Futterplätze dienen auch dazu, dass das Futter nicht nass wird und zu schimmeln beginnt. Fachgeschäfte oder Vogelschutzorganisationen verkaufen Gittersäulen, in denen Nüsse, Meisenknödel und anderes angeboten werden können. 

Zum einen gibt es Vögel, die lieber am Boden fressen, wie die Amseln und andere Drosselarten, aber auch zum Beispiel das Rotkehlchen oder Buchfinken. Das geht natürlich nur dort, wo keine Katzen herumschleichen. Auch die Futterstationen, ob auf einem Holzpfahl oder hängend an einem Ast, sollten so platziert sein, dass ein Beutejäger nicht gleich leichtes Spiel hat; allerdings gelangen Eichhörnchen überall hin. 

Was darf verfüttert werden? Auf jeden Fall keine Speisereste aus der Küche, schon wegen des Salzes und Zuckers. Vielfältig soll das Futter sein und so, wie es in der Natur erhältlich sein könnte. Zum Beispiel: Sonnenblumenkerne, Hanf-, Lein- und andere Samen, Hasel- und Walnüsse, Beeren, Haferflocken, Kleie, Insektenfutter. Es gilt beim Vogelfutterkauf zu beachten, woher der Inhalt kommt und ob der Packung eine Zertifizierung von Fachorganisationen wie BirdLife zu entnehmen ist. Kurz: nur das füttern, was die hiesige Natur hergibt. Also keine der so beliebten mit Palmöl oder mit anderen exotischen Zusätzen versetzten Fettknödel. Grund: Fastfood. 

Die Liebe zu wildlebenden Tieren wie Vögeln beginnt durch eine naturbelassene Gestaltung der Gärten und Parks mit Altholz, einheimischen Pflanzen, Wiesen statt Rasen ohne wöchentliches Aufräumen und Laubbläser-Terror. Sollen Vögel gefüttert werden, dann auf Basis einer fachlichen Beratung.

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