Wandern mit Kindern kann unwahrscheinlich anstrengend sein – oder unglaublich genussvoll. Entscheidend sind eine gute Vorbereitung und Planung sowie die Bereitschaft, sich auf eine gemeinsame Erfahrung einzulassen.
Monika Neidhart
«Gotti, gehen wir zwei wieder einmal zusammen auf die Rigi?» Bereits in der Primarschule wünschte sich Rebecca gemeinsame Wandertage mit ihrer Patin. Gerne erfüllte diese den Wunsch, denn eine Fahrt mit der Luftseilbahn, der Panoramaweg und ein Glacé erfüllten das Mädchen mit Glück. Später durften es mehr Höhenmeter sein. Die Voraussetzungen waren immer ideal: Die Initiative ging von Rebecca aus, die Erwachsene passte sich an. Aber Familienwanderungen starten nicht immer so harmonisch. Was eine gelungene Wanderung mit Kindern ausmacht, ist nicht einfach zu definieren. Es kommt auf das Alter, die körperliche Leistungsfähigkeit und, nicht zu unterschätzen, auf die Motivation der Kinder an – und die Einstellung der erwachsenen Begleiter spielt ebenfalls eine Rolle. Doch die Mühen lohnen sich. Rebecca schnürt noch heute gerne mit ihrer Patin die Wanderschuhe. Was für die beiden damals wie heute zählt: Zeit füreinander haben und miteinander unterwegs sein. Das verbindet. Diese Erfahrung teilen viele wandererfahrenen Mütter, Väter und Grosseltern und sie geizen nicht mit Ratschlägen für Neulinge.
Der Weg ist das Ziel
«Kinder wandern nicht um des Wanderns willen», ist Bernhard überzeugt. «Sie brauchen Anreize.» Das muss keine teure Attraktion sein. Bernhard empfiehlt altersgerechte Themenwege, auf denen es etwas zu entdecken, zu rätseln, zu suchen oder zu sammeln gilt. Solche Wege haben den Vorteil, dass sie sich für Familien eignen, gleichzeitig auch den Nachteil, dass man selten allein ist.
Beatrice hingegen wählt lieber Wege aus dem offiziellen Wanderwegenetz aus. Touren mit gelben Pfeilen erfordern keine speziellen Kenntnisse, für weiss-rot-weisse Routen sollten alle trittsicher und körperlich fit sein. Waldstrassen sind praktisch für Kinderwagen, Jugendliche aber langweilen sich hier bald. Abwechslungen wie Bäche, schmale Abkürzungen in unwegsamem Gelände, Baumstämme, auf denen man balancieren kann, erhöhen den Reiz. Ältere dürfen auch etwas gefordert werden – das erhöht das Glücksgefühl nach der gemeisterten Aufgabe, zudem schweisst ein mit allen überstandenes Abenteuer zusammen.
Eile mit Weile
Wie viele Höhenmeter es am Schluss sind, wie viel Zeit vergeht, ist für Kinder Nebensache. Das sollte es auch für Erwachsene sein. Wandern mit Zeitdruck und Stress ist für alle Altersgruppen ein Stimmungskiller. Gibt der Wegweiser eine Stunde Wanderzeit an, kann es mit Kindern leicht doppelt so lange dauern. Beatrice trägt gerne einen Feldstecher für die Tierbeobachtung bei sich – die braucht allerdings neben einem guten Auge auch Glück und Geduld. Einfacher ist es mit den Pflanzen: «Als unsere Kinder zum ersten Mal Edelweisse sahen, fanden sie die Pflanzen weniger schön als grosse, farbige Blumen. Aber ich erklärte ihnen, wie selten sie sind, und sie sahen sie daraufhin mit anderen Augen an», erinnert sich Felix. Denn manchmal brauchen Kinder ein wenig Unterstützung dabei, Kostbarkeiten am Wegrand zu entdecken.
Sicher ist sicher
Bewegung und frische Luft machen Hunger. Zudem hebt ein Snack – vielleicht sogar eine Leibspeise – nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern kann auch ein Motivationstief überbrücken. Ausreichend Getränke sind ebenso wichtig! Eine Taschenapotheke mit Blasenpflaster, einer Creme für Insektenstiche und Feuchttücher helfen bei kleinen Pannen. Kinder erkennen von sich aus meist wenige Gefahren. Deshalb lohnt es sich, vor der Wanderung klare Regeln zu vereinbaren: Über schwierigere Stellen konzentriert gehen, weder hüpfen, Unsinn treiben noch sich gegenseitig schubsen. In Gelände mit viel losem Material ist besondere Vorsicht geboten! Die Erwachsenen sollten derweil das Wetter genau im Auge behalten – in den Bergen kann es sich schnell ändern. Und ein Drama zum Abschluss der Wanderung kann vermeiden, wer sich die letzte Talfahrt der Bahn oder des Postautos notiert hat.
Je mehr, desto besser
Für Brigitte zahlt es sich aus, Gspänli der Kinder einzuladen, die Wanderung gemeinsam mit anderen Familien zu planen oder die Grosseltern mitzunehmen. «Nur mit den Eltern und Geschwistern unterwegs zu sein, kann für die Kinder langweilig werden», weiss sie aus Erfahrung. Oder wie es Rebecca formuliert: «Die Hauptattraktion war die Patin.» Als vielversprechender Zeitvertreib und zusätzlicher Anreiz kann das gemeinsame Bräteln fungieren – da muss Holz gesucht und der perfekte Stecken für die Grillwurst geschnitzt werden. Führt der Weg an einem See oder Weiher vorbei, erfrischt und belebt ein kurzes Bad die müden Glieder und sorgt für zusätzlichen Spass. Auch die Aussicht auf einen Besuch in einer bewirtschafteten Berghütte kann Kindern helfen, die Reserven zu aktivieren. Einfache Spiele lassen sich mit etwas Fantasie ad hoc erfinden und verkürzen die Zeit auf langen oder eintönigen Strecken – und mit Tannzapfen, Kieseln, Schneckenhäusern oder Blättern liegt das Ausgangsmaterial für ein gemeinsames Land Art-Projekt wortwörtlich am Wegrand.